Erdöl ist mehr als nur Kraftstoff - SWR Wissen

2023-03-08 14:49:40 By : Mr. Jay Zhai

Wenn es um das Erdöl-Embargo geht, dann schauen viele Menschen vor allem auf Spritpreise an den Tankstellen. Doch Erdöl und die daraus gewonnenen Derivate und Baustoffe stecken in vielen Produkten drin – auch in manchen, in denen wir es nicht vermuten.

Erdöl wird nicht nur zum Heizen benutzt und für den Tank, sondern ist auch in unseren Medikamenten, in unseren Kleidern und vielen Alltagsgegenständen. Denn Erdöl ist eigentlich ein Sammelsurium aus vielen unterschiedlichen Bestandteilen. Mindestens fünfhundert verschiedene Verbindungen, hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff, sind darin enthalten.

In seiner Rohform können wir Öl für gar nichts gebrauchen. Deshalb werden in der Raffinerie die wichtigsten Stoffe voneinander getrennt. Da die Verbindungen im Rohöl bei unterschiedlichen Temperaturen kochen, können einzelne Bestandteile des Öls der Reihe nach abgefangen werden: Das nennt sich fraktionierte Destillation. Getrennt werden Benzin und Diesel, Heizöl und Kerosin, aber auch Naphtha, das Rohbenzingemisch.

Naphtha ist das Ausgangsmaterial für Kunststoffe und der Grundstoff für fast alle chemischen Produkte. In Deutschland benötigen rund 90 Prozent aller chemischen Produkte Erdöl bzw seine Baustoffe. Zum Beispiel Plastikflaschen: Sie werden aus Polyethylenterephthalat – kurz PET – geblasen, einem sehr robusten Kunststoff.

Und auch in unserer Kleidung findet sich Erdöl bzw. seine Derivate: Denn oft wird der Baumwolle Polyamid – das ist auch ein Nebenprodukt aus der Erdölfraktionierung – zum angenehmeren Tragen beigemischt. In hoher Konzentration findet sich Polyamid in den elastischen Fasern von Strumpfhosen, Badesachen und in Sportkleidung.

Und selbst in der Medizin werden häufig Erdölderivate genutzt. So zum Beispiel in der Medikamentenproduktion. Etwa neun von zehn Tabletten werden heute aus Erdöl-Derivaten hergestellt. So ist in einer Aspirin-Tablette zum Beispiel Benzol verarbeitet, ein aus Öl gewonnener Baustein. Und das Schmerzmittel Ibuprofen besteht zu 100% aus Erdölderivaten.

Erdöl ist aber auch in vielen Alltagsprodukten wie Shampoo, Waschmittel, Seife, Haarspray, Zahnbürste, Cremes und Make-Up. Aber auch in Kreditkarten, Fernsehern, Handys und Rechnern. Ein weiteres Nebenprodukt aus Erdöl ist Polyurethan. Es bildet den Ausgangsstoff für Schaumstoffe – zum Beispiel für Matratzen oder Sofas.

Nicht zuletzt ist Erdöl auch in fast allen modernen Kaugummis verarbeitet. Sie bestehen fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen. Den „Gummi“-Anteil bilden dabei in der Regel Polymere auf Erdölbasis.

Doch der größte Teil, nämlich 60 Prozent des in Deutschland aus Erdöl produzierten PVC wird allerdings in der Baubranche eingesetzt, zum Beispiel für Fenster, Rohre, Dachbahnen, Kabel und Bodenbeläge.

Für Autos und Heizungen gibt es bereits Alternativen zum Erdöl, bei Plastik bisher nicht wirklich: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht so robust, sie zersetzen sich früher oder später.

Holz, Pflanzenöl, Kohle, Erdöl, Gas, Kernenergie und die Erneuerbaren: die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Energiewenden.

Do. 10.3.2022 22:20 Uhr odysso - Wissen im SWR SWR Fernsehen

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